Noch kurz vor dem neuerlichen Lockdown in Nepal ab 1. Mai konnten noch einige Mädchen-Empowerment-Workshops in Bichhya (Bajura) stattfinden. Diese Workshops sollen die Bildungs- und Lebenschancen von Mädchen in dieser extrem entlegenen Gemeinde verbessern und Bewusstsein für die Bedeutung von Bildung schaffen, über Frauenrechte, Sicherheit vor Gewalt, Gesundheitsthemen aufklären, und ihnen ein Gefühl für ihre Karrieremöglichkeiten geben. Während eines Teils der Programmdauer nehmen auch Buben an den Workshops teil, um auch bei ihnen eine Sensibilität für Geschlechterthemen zu wecken.
Hier möchten wir die Teilnehmer*innen selbst zu Wort kommen lassen:
Bimala T. – 14 Jahre, weiblich:
„Ich habe an dem zweiwöchigen Empowerment-Programm teilgenommen, das PHASE in unserer Schule angeboten hat. Alle Sitzungen waren wirklich wichtig und die Leiterin war extrem hilfsbereit. Es ist mir leicht gefallen nachzufragen, wenn ich etwas nicht verstanden habe.
Die beste Sitzung fand ich die mit dem Thema: „Wie verwirkliche ich meine Träume?“ Ich habe gesagt, dass ich Lehrerin werden will, und die Leiterin hat mir Hinweise gegeben, wie ich das erreichen kann. In dieser Sitzung habe ich verstanden, dass ich meinen Traum nur erreichen kann, wenn ich weiter zur Schule gehe. In meiner Gemeinschaft werden wir wenig zum Lernen ermutigt. Aber ich möchte weiter lernen und Pädagogin werden, um andere Mädchen zum Lernen zu ermutigen.
Ich habe das Glück, dass meine Eltern meine Bildung unterstützen: obwohl sie saisonal wandern, kann ich bei meinem Brüdern bleiben, um zur Schule zu gehen.“
Sabin R. – 14 Jahre, männlich:
„Das Leben hier ist schwierig. Einige meiner Freunde haben früh geheiratet. Früher dachte ich, dass das nur für Mädchen schlecht ist, weil es für sie in ihrem neuen Zuhause hart ist. Aber nach diesen Sitzungen verstehe ich, inwiefern es auch für Jungen schwierig ist. Ich wusste, dass Ehe ernste Verantwortung bedeutet und es schwierig macht, unsere Träume zu verfolgen. Kinderehe schadet beiden auf psychischer und körperlicher Ebene. Diese Sitzungen haben mir in vieler Hinsicht geholfen. Wir machen uns oft Gedanken über diese Themen, aber wir sprechen nicht darüber. Jetzt fühle ich mich klarer und motiviert.“
Ashmita T. – 14 Jahre, weiblich:
„In den 14 Tagen habe ich gelernt, dass Mädchen nur gleiche Chancen brauchen, damit sie ihre Eltern genauso wie Jungen unterstützen können. Diskriminierung hält uns zurück. Ich habe verstanden, dass Mädchen und Jungen gleich behandelt werden sollten.
Weil meine Mutter oft krank ist, möchte ich eine gute Tochter sein und gut für sie sorgen. Ich möchte ein tüchtiger Mensch werden und durch mein Handeln inspirieren.
Im Workshop habe ich gelernt, dass Kinderheirat und Geschlechterdiskriminierung illegal sind. Jetzt achte ich darauf, dass in meiner Umgebung keine Kinderheiraten stattfinden.“
Asmitas Schule ist die einzige Schule für drei Dörfer. Ihr Schulweg geht zwei Stunden steil bergauf.
Chhabindra O. – 12 Jahre, männlich
„Als ich gehört habe, dass es einen solchen Workshop auch für Jungen gibt, habe ich mich gefragt, was das sein könnte.
Ich habe nach dem Workshop jetzt ein gutes Verständnis der körperlichen Veränderungen als Teenager. Meine Fragen – was passiert mit mir, wie werden sich mein Körper und mein Verhalten verändern – sind geklärt worden. Ich bin froh, dass ich teilgenommen habe. Jetzt fühle ich mich viel selbstsicherer.“
Chhabindra ist einer der Schüler, die wegen COVID als Vorsichtsmaßnahme ins Dorf zurückgekehrt sind.
Kamal R. –13 Jahre, männlich
„Früher war ich an der Kohalpur English School. Ich bin nach einem langen Lockdown wegen COVID ins Dorf zurückgekommen. Mein Vater ist Lehrer und meine Mutter kümmert sich um die Landwirtschaft. […]
Ich freue mich, dass ich sogar in der COVID-Pandemiedie Gelegenheit hatte, am Empowerment-Workshop teilzunehmen. Ich habe wichtige Dinge gelernt: wie man Entscheidungen trifft, Details über das Arbeiten im Ausland, über Menschenhandel von jungen Männern und häusliche Gewalt.
Mit diesem Workshop habe ich das Gefühl, Entscheidungen über mein Leben treffen zu können. Diese Entscheidungen sind wichtig, damit wir über unsere Zukunft entscheiden können. Ich bin zuversichtlich!
Wenn ich erwachsen bin, möchte ich für die Regierung arbeiten. Ich möchte für mein Dorf in der Verwaltung etwas tun. Ich lerne fleissig, und mein Vater berät mich viel.“
Hajari B. – 14 Jahre, weiblich
„Ich gehe zur Yuna Basic School in die 8. Klasse. Das ist mein letztes Schuljahr – für die weiterführende Schule müsste ich jeden Tag vier Stunden bis zur Schule gehen. Ich hoffe, ich kann trotzdem weiter in die Schule gehen.
Der Empowerment-Workshop von PHASE hat mir klar gemacht, dass einige Traditionen in meinem Dorf schädlich sind – zum Beispiel während der Menstruation im Stall zu schlafen, nicht genug Wasser zum Waschen und Trinken zu haben und nicht gesund zu essen.
Wenn ich erwachsen bin, möchte ich Lehrerin werden und solche Traditionen abschaffen. Sie schaden dem körperlichen Wachstum und der psychischen Gesundheit von Mädchen wie uns. Als ältere Schwester werde ich die Jüngeren dazu ermutigen, gegen Traditionen einzutreten, die uns das Gefühl geben, weniger wert zu sein.“
Laxmi S. – 16 Jahre, weiblich
„Ich bin die älteste Tochter in einer großen Familie – meine Eltern, vier Brüder und Schwestern und Kusins. Insgesamt sind wir zehn Leute.
Als älteste Tochter muss ich jeden Tag viel im Haushalt machen, bevor ich in die Schule gehe. Wenn es auf den Feldern saisonale Arbeit gibt, kann ich auch nicht zur Schule. Aber dieses Mal habe ich nur eine Sitzung vom Empowerment-Workshop verpasst.
Wir gehören zu einer Dalit-Gemeinschaft [sog. „niedrige“ Kaste]. Nach dem Empowerment-Workshop ist mir klar geworden, dass Dinge, die in meinem Dorf noch praktiziert werden – zum Beispiel das Verbot, Wasserhähne zu berühren, oder ohne Grund beschimpft zu werden – illegal sind. Jetzt weiß ich, dass es für uns Gesetze gibt. Ich werde mich bemühen, meinen Eltern klarzumachen, dass sie solches Benehmen aufgrund der Kaste nicht akzeptieren müssen. Ich hoffe auch sehr, dass meine Freund*innen verstanden haben, dass dieses Verhalten schädlich ist, und dass es langsam aus unserem Dorf verschwindet.“